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Diskussionen können ein Kampf sein

Auch verbal läuft das Spiel um den Status nicht immer gesittet ab. Diskussionen können ein Kampf sein. Mitja Back ergänzt: „Häufig ist gar nicht klar, was Wissen und was Meinung ist. Was die objektiv bessere Idee oder die zielführendere Lösung ist. Im Dschungel der Argumente orientieren wir und deswegen häufig an der Selbstsicherheit und Dominanz, mit der Menschen ihre Lösungsvorschläge vorbringen.“ Viele Menschen kennen Diskussionen in Gruppen, die sich immer mehr zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen zwei Egos zuspitzen. Die anderen Beteiligten verstummen und schauen etwas ungläubig zu. In diesen intellektuellen Schlachten geht es nicht mehr um das eigentliche Thema, sondern darum, die Diskussion zu „gewinnen“. Mitja Back ist seit 2012 Professor für Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie an der Universität Münster.

Narzissten können sich im rohen Spielfeld des Ich durchsetzen

Zwei Ichs kämpfen um die Vormacht in der Gruppe. Mitja Back erklärt: „Und im Endeffekt geht es dann für die Gruppe weniger darum, wer recht hat, sondern darum, wer verbal überlegen ist – wer den anderen dominieren kann.“ Ein wenig gleichen solche Diskussionen „Freestyle Battle Raps“, einer ursprünglichen Form des Rap, bei der sich zwei Kontrahenten kunstvoll im gegenseitig Dissen messen. Mit gezielten Pointen – sogenannten Punchlines – wird der Gegner beleidigt oder klein gemacht und die eigene Person erhöht.

Nach einigen Zeilen antwortet der Kontrahent mit einem Konter. So entwickelt sich eine Schlacht, die von einer drum herumstehenden Gruppe gespannt verfolgt wird. Mitja Back weiß: „Narzissten, die groß und stark, intelligent und sprachgewandt sind, können sich also auf diesem ursprünglichsten, dem rohen Spielfeld des Ich durchsetzen.“ In vielen Fällen jedoch reichen Körper und Geist für den Kampf um den Status nicht aus. Menschen gehen mit dem, was sie darstellen und im Leben bereits erreicht haben, in soziale Situationen.

Das Selbst einer Person ist die Summe ihres Besitzes

Sie werfen ihre Statussymbole in den Ring. Aber womit genau stellen sich Narzissten dar, wenn es nicht mehr nur um körperliche und sprachliche Überlegenheit geht. Mitja Back erläutert: „Interessanterweise gibt es eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Ich-Spielfelder. Hierunter auch solche, die man gar nicht erwarten würde. Anreize dafür, sozialen Status zu gewinnen, locken überall.“ Selbst in Gruppen, die auf Gleichheit, Gerechtigkeit und Großherzigkeit pochen.

Schon einer der Urväter der wissenschaftlichen Psychologie, William James, hat beschrieben, welche große Rolle Reichtum, Beruf und Sex für den Menschen spielen: „Das Selbst einer Person ist die Summe von allem, was sie ihr eigen nennen kann, nicht nur ihr Körper und ihre geistigen Kräfte, sondern auch ihre Kleidung und ihr Haus, ihr Partner …, ihr Ruf und Arbeit, ihr Land … und ihre Yacht und ihr Bankkonto.“ Das gilt vor allem für Narzissten. Denn: Der eigene Status in Gruppen erhöht sich durch finanziellen, beruflichen und sexuellen Erfolg. Quelle: „Ich!“ von Mitja Back

Von Hans Klumbies

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